Vom Schrottroller zum elektrifizierten Stadtflitzer
Alles beginnt mit einem geschenkten Puch-Roller – einem Puch 125 RL aus dem Jahr 1955. Jahrelang stand er im Garten und diente als Unterbau für zwei Blumentöpfe mit Palmen – mehr Dekoration als Fahrzeug. Der Motor fehlte, viele Teile waren nicht mehr vorhanden, die Karosserie war stark durchgerostet, und Papiere gab es ebenfalls keine. Und doch entstand aus dem Wunsch, diesem Wrack neues Leben einzuhauchen, eine ungewöhnliche Idee:
Anstatt eine wirtschaftlich kaum vertretbare Restaurierung inklusive Einzelgenehmigung, TÜV (bzw. „Pickerl“) und allem Drumherum anzugehen, entschieden wir uns für einen anderen Weg – wir machten daraus ein E-Fahrrad. Ja, richtig gelesen: ein Elektrofahrrad!
Denn laut Gesetz gilt ein elektrisch betriebenes Fahrzeug mit einer Nenndauerleistung von maximal 250 Watt (Spitzenleistung darf darüber liegen) und einer Höchstgeschwindigkeit von maximal 25 km/h aus eigener Kraft als Fahrrad – und kann somit auch ganz legal im Stadtverkehr eingesetzt werden.
(Informationen zu den gültigen Gesetzen gibts hier: Gesetze in Österreich)
Die Vorteile:
- keine jährliche technische Überprüfung (Pickerl/TÜV)
- keine Kennzeichenpflicht (in Österreich)
- derzeit keine Helmpflicht (in Österreich)
- das Befahren von Radwegen ist erlaubt bzw. vorgeschrieben
- manche Fußgängerzonen dürfen im Schritttempo befahren werden
- flotte und emissionsfreie Fortbewegung in der Stadt
Technische Daten
Unser Roller wurde zunächst mit einem 500-Watt-Motor ausgestattet – dieser wurde inzwischen durch einen stärkeren Motor ersetzt. Um die gesetzlich erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h dennoch nicht zu überschreiten, wurden Ritzel und Zahnrad entsprechend angepasst. Diese stammen übrigens aus dem Renn-Kart-Bereich und sorgen für die richtige Übersetzung.
Mit zwei neuen Bremsen, funktionierender Beleuchtung und den gesetzlich vorgeschriebenen Reflektoren erfüllt der Roller alle Anforderungen, um laut österreichischem Recht als Fahrrad zu gelten.
Der verbaute 20-Ah-Lithium-Ionen-Akku ermöglicht eine Reichweite von rund 40 Kilometern – mehr als ausreichend für den städtischen Einsatz. Bei Bedarf kann ein zweiter Akku ergänzt werden, um die Reichweite zu verdoppeln.
Alle sicherheitsrelevanten Komponenten wie Bremsen, Bowdenzüge, Reifen, Beleuchtung und Rahmen werden entweder durch Neuteile ersetzt oder sorgfältig restauriert. Die Optik des Rollers hingegen bleibt bewusst unangetastet: Die jahrzehntelange Witterung hat ihm eine wunderschöne Patina verliehen – es wäre schade, etwas zu zerstören, wofür die Natur so lange gebraucht hat. 😉
Das Fahrerlebnis
Die alten Puch-Roller aus den 1950er-Jahren bestechen durch ihre fantastische Optik – sie sind echte Hingucker. Immer wieder wird man von Passantinnen und Passanten angesprochen, durchweg mit neugierigen und positiven Reaktionen.
Auch das Fahrgefühl hebt sich deutlich von modernen E-Scootern ab: Der Roller ist komfortabel gefedert und verfügt über große Räder, die Unebenheiten und kleine Hindernisse problemlos schlucken – ganz im Gegensatz zu den oft ruppigen Fahrwerken gängiger E-Scooter.
Mit dem nachgerüsteten, durchzugsstarken Elektromotor ist die Beschleunigung beeindruckend. Dabei bleibt die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h selbstverständlich eingehalten – das Fahrvergnügen kommt trotzdem nicht zu kurz.
Alles in allem machts extrem viel Spaß. damit zu fahren. Egal, ob du in der Innenstadt direkt neben dem Gastgarten parkst und deinen Kaffee genießt, damit deine Einkäufe erledigst, oder zur Arbeit fährst. 🙂
Es gibt noch mehr Umbauten
Inzwischen wurden bereits einige alte Roller und klassische Mopeds zu E-Fahrrädern umgebaut. Dabei ist mir besonders wichtig zu betonen, dass es sich keinesfalls um Oldtimer handelt, die restauriert sind oder sich in einem gut restaurierbaren Zustand befinden. Vielmehr geht es um Fahrzeuge, die aus verschiedenen Gründen keine Chance mehr haben, jemals wieder regulär auf die Straße zu kommen. Für diese Mopeds versuchen wir, ein zweites Leben als E-Fahrrad möglich zu machen.
Ich selbst schätze den Geruch und den Klang von Verbrennungsmotoren und bin leidenschaftlicher Oldtimerfahrer – bevorzugt mit PKW aus den 60er- und 70er-Jahren. Gleichzeitig begeistert mich das Design und die Ästhetik der Fahrzeuge aus dieser Zeit. Genau deshalb sehe ich in der Elektrifizierung eine Chance: alten Zweirädern, die sonst keine Zukunft mehr auf der Straße hätten, doch noch ein neues Leben zu schenken.
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